Transamazonia

Unweigerlich muss man bei Pia Marais viertem Spielfilm „Transamazonia“ an Werner Herzog denken, des Schauplatz wegen, der mäandernden Atmosphäre, nicht zuletzt aber wegen der Inspiration für Marais Film, die einst auch Herzog in einem Dokumentarfilm verwendete. Doch so interessant und ambitioniert die Einzelteile wirken: Zu einem großen, runden Ganzen finden sie nur bedingt zusammen.

 

Über den Film

Originaltitel

Transamazonia

Deutscher Titel

Transamazonia

Produktionsland

FRA,DEU,CHE,TWN,BRA

Filmdauer

112 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Marais, Pia

Verleih

Pandora Film Medien GmbH

Starttermin

01.05.2025

 

FILMKRITIK:
Als einzige überlebende eines Flugzeugabsturzes umgibt Rebecca (Helena Zengel) eine geradezu mystische Aura. Zusammen mit ihrem Vater Lawrence (Jeremy Xido) lebt sie irgendwo tief im Amazonas-Dschungel, fernab der Zivilisation. Eine alte Missionsstation ist das zu Hause des Duos, das sich nun auch bemüht, die einheimische, indigene Bevölkerung auf den Pfad Gottes zu geleiten.

Ekstatische Predigten hält Lawrence ab, bei denen Rebeccas wundersame Rettung als Mittel zum Zweck dient. Ob tatsächlich schon Wunderheilungen gelungen sind bleibt offen, zumindest der Glaube mancher Einheimischer in die Fähigkeiten des Mädchens scheinen groß.

Ein viel größeres Thema für die Bevölkerung sind jedoch die illegalen Holzfäller, die in den Tiefen des Dschungels und damit auf dem Land der indigenen Bevölkerung ihr Unwerk treiben. Zunehmend gewalttätig werden die Konflikte zwischen den Fraktionen und mittendrin Rebecca, die langsam beginnt, an ihrem Tun zu zweifeln.

Eindrucksvolle Bilder haben Pia Marais und ihr Kameramann Mathieu de Montgrand für „Transamazonia“ eingefangen, der in Französsich-Guayana, unweit der Grenze zu Brasilien gedreht wurde. Satte Farben bestimmen die Bilder, undurchdringlich wirkt der Urwald, mysteriös und verführerisch, unterlegt mit einem reichen Sounddesign, das die vielfältigen Klänge des Dschungels akustisch evoziert.

Als Stimmungsbild funktioniert das gut, doch immer wieder kommt die scheinbare Notwendigkeit, eine Geschichte zu erzählen dazwischen. Viele, vielleicht zu viele Aspekte reißen Pia Marais und ihre beiden Co-Autoren Willem Drost und Martin Rosefeldt an, wollen vom problematischen Missionarsstreben weißer Fremder erzählen, von der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung, dem Raubbau durch illegale Holzfäller, schließlich auch noch vom langsamen Erwachsenwerden einer Teenagerin, die die Wahrheit über sich und ihre Herkunft begreift.

Inspiriert ist die Figur der Rebecca von Juliane Koepcke, die 1971 als 17jährige einzige Überlebende eines Flugzeugabsturzes war. Ende der 80er Jahre drehte Werner Herzog den Dokumentarfilm „Julianes Sturz in den Dschungel“ über sie, deren Schicksal nun von Pia Marais weitergesponnen wird. Gespielt wird sie von Helena Zengel, vor Jahren durch ihre Hauptrolle in „Systemsprenger“ bekannt geworden und nun auf dem Weg, auch als fast Erwachsene zu bestehen. Wenig Worte macht ihre Figur, beobachtet, bewegt sich fließend zwischen der Welt und den Erwartungen ihres Vaters und den Einheimischen, mit denen sie aufgewachsen ist.

Bleibt „Transamazonia“ bei Rebecca funktioniert der unbestimmte filmische Ansatz gut, werden Rätsel angedeutet, erzeugt Marais Stimmungen und Atmosphäre. Doch dann verfällt sie immer wieder zu überdeutlichen Wendungen der Handlung, die die Geschichte vorantreiben sollen, aber oft konstruiert und gewollt wirken. Zumindest in Ansätzen gelingt es, eine Art Herzogsche Atmosphäre zu erzeugen, doch um sich wirklich im Dschungel und seinen Geheimnissen zu verlieren, fehlt am Ende die Konsequenz.

 

Michael Meyns

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