Unausweichlich sind nur Steuern und der Tod heißt es manchmal im etwas bemühten Versuch, der Unausweichlichkeit des Sterbens mit Ironie beizukommen. Früher half vielen Menschen der Glaube an Gott und ein Leben nach dem Tod über das kaum zu fassende Ende der Existenz hinweg, doch wie sieht das heute? Um diese Frage kreist Moritz Terwestens Dokumentarfilm „Sterben ohne Gott.“
Über den Film
Originaltitel
Sterben ohne Gott
Deutscher Titel
Sterben ohne Gott
Produktionsland
DEU
Filmdauer
80 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Terwesten, Moritz
Verleih
barnsteiner-film
Starttermin
13.03.2025
Allgegenwärtig ist der Tod und wird doch so gut es geht verdrängt. Nachrichten aus Kriegsgebieten, von Unfällen oder Anschlagen finden sich fast täglich in den Medien, dienen der Empörung oder des Entsetzens. Doch in den modernen, säkularen westlichen Gesellschaften ist das Sterben soweit es geht ausgelagert, findet in Hospizen statt, möglichst im Verborgenen.
Warum das so ist, welche Ursachen und welche Folgen dies hat, das sind nur einige der Fragen, die sich Moritz Terwesten in seinem Debütfilm stellt. Unabhängig produziert, ohne Fördergelder, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Keine redaktionelle Einflussnahme etwa, die manchmal schaden, allerdings auch helfen kann, eine straffere Linie in ein Thema zu bringen, das von Natur aus breit und kaum zu fassen erscheint.
Ausgangspunkt von „Sterben ohne Gott“ war ein Gespräch, das Terwesten mit dem Philosophen und Ethiker Franz Josef Wetz führte, der klug und kenntnisreich über das Auslagern des Denkens über den Tod in westlichen Gesellschaften erzählt. War früher der Tod allgegenwärtig, spielt er in Zeiten der Selbstoptimierung, des Schönheitswahns und der damit verbundenen Oberflächlichkeit eine immer geringere Rolle.
Als Ersatz mag die Kunst dienen, in der es immer wieder um den Tod geht, im deutschen Fernsehen fast täglich Mordfälle aufgeklärt werden, die ebenso ein Missverhältnis zur viel friedlicheren Realität darstellen, wie die praktisch wöchentlich ins Kino kommenden Horrorfilme, in denen oft Serienkiller auf bizarr überdrehte Weise morden.
Eine seltsame Ausweichhandlung eines Publikums, das in der Realität möglichst wenig mit dem Tod konfrontiert werden möchte, dem es zur Unterhaltung allerdings oft nicht blutig genug sein kann. Der Regisseur Jörg Buttgereit kommt hier zu Wort, der in den 80er Jahren mit Schockern wie „Nekromantik“ Kultstatus erlangte. Differenziert erzählt Buttgereit von der Lust des Publikums an fiktiven Darstellungen von Gewalt, die in der Realität schockieren würden, ganz im Gegensatz zum sogenannten Kulturkritiker Wolfgang M. Schmitt, der wie so oft sehr viel redet, ohne besonders viel zu sagen.
Hier zeigt sich dann doch der Nachteil einer Eigenproduktion wie „Sterben ohne Gott“, die nicht die Mittel hatte, allzu viele Protagonisten vor die Kamera zu holen und damit auskommen muss, was verfügbar war. Im Zweifelsfall tritt da auch mal der Regisseur selber vor die Kamera als wäre er ein Interviewsubjekt, um Lücken in der Argumentation zu füllen.
Meist jedoch treten interessante Menschen auf, neben Wertz und Buttgereit etwa der Biologe Mark Benecke, der sich mit seiner pragmatischen Darstellung von Tod und Verfall eine Fangemeinde erarbeitet hat oder der amerikanische Philosoph Sheldon Solomon. Dessen Thesen, die er in der sogenannten „Terror Management Theory“ in Folge von 9/11 entwickelt hat, gelten in Fachkreisen zwar schon als überholt, erzählen aber dennoch auf ihre Weise vom Wunsch der Menschen, dem Tod auf intellektuelle Weise entgegenzutreten.
Konkrete Antworten oder Ratschläge sind bei einem Thema wie diesem natürlich ohnehin unmöglich, insofern passt der ergebnisoffene Ansatz, den Moritz Terwesten in „Sterben ohne Gott“ gewählt hat durchaus zum Thema. Viele Denkansätze liefern die kompakten 80 Minuten, mehr kann man hier eigentlich nicht erwarten.
Michael Meyns