Sieben Tage

Das Leben besteht aus Entscheidungen, und wer ein gefährliches Leben führt, muss gefährliche Entscheidungen treffen … Die iranische Freiheitsaktivistin Maryam hat in „Sieben Tage“ eine Woche lang Zeit, um sich zu entscheiden. Soll sie ihren Hafturlaub dazu benutzen, das Land zu verlassen und zu ihrer Familie in die Freiheit zu fliehen? Oder soll sie ins Gefängnis zurückkehren, um ihren politischen Kampf mit ungewissem Ausgang fortzusetzen?
Ali Samadi Ahadis emotionales Drama bietet großes Gefühlskino vor dem Hintergrund der iranischen Widerstandsbewegung und des Kampfes um Frauenrechte. Dabei stellt er moralische und ethische Fragen, auf die es nicht immer eindeutige Antworten gibt – oder geben kann.

 

Über den Film

Originaltitel

Seven Days

Deutscher Titel

Sieben Tage

Produktionsland

DEU

Filmdauer

110 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Ahadi, Ali Samadi

Verleih

Little Dream Pictures GmbH

Starttermin

15.05.2025

 

Seit sechs Jahren sitzt die Menschenrechtsaktivistin Maryam (Vishka Asayesh) im Iran im Gefängnis. Die Haftbedingungen haben ihre Gesundheit beschädigt, sie hat einen Herzinfarkt erlitten. Ihr werden sieben Tage Hafturlaub gewährt, um sich medizinisch behandeln zu lassen. Ihr Bruder (Sina Parvaneh) und ihr Mann (Majid Bakhtiari) haben für sie eine gewagte Fluchtroute organisiert, auf der sie durch unwegsames Gebirge ins türkische Grenzland gelangt, wo sie endlich wieder ihre Kinder in die Arme schließen kann, die bereits mit ihrem Mann nach Deutschland emigriert sind. Maryams abenteuerliche Flucht gelingt, obwohl sie einige gefährliche Situationen überstehen muss. Doch kaum ist sie in der Türkei angekommen, muss sie die schwierigste Entscheidung ihres Lebens treffen: Wird sie die Flucht fortsetzen und ihrer Familie nach Deutschland folgen, oder soll sie ins iranische Gefängnis zurückgehen, um ihren politischen Kampf für Freiheit und Gleichberechtigung fortzusetzen?

In der ersten Hälfte von „Sieben Tage“, wenn Ali Samadi Ahadi Maryams abenteuerliche Flucht in die Türkei schildert, gelingen ihm grandiose Bilder und eine mitreißende Abenteuererzählung. Die klaustrophobische Enge kleiner Berghütten, in denen Maryam und ihre wechselnden Begleiter Zuflucht suchen müssen, kontrastiert Ahadi mit atemberaubenden, weiträumig kargen Gebirgslandschaften. Überall kann hier der Tod lauern, und mehr als einmal muss Maryam vor peitschendem Gewehrfeuer Schutz suchen, wo eigentlich keine Deckung zu finden ist. Die ständige Bedrohung, der sie sich als Widerstandskämpferin im Iran aussetzen muss, wird so ganz unmittelbar spürbar.

Als Maryam schließlich, allen Widrigkeiten zum Trotz, den kleinen Ort jenseits der türkischen Grenze erreicht, wo ihre Familie sie erwartet, bleibt ihr nur wenig Zeit zum Innehalten oder zur Freude, ihren Mann und ihre Kinder nach langen Jahren endlich wiedersehen zu können. Ahadi und Drehbuchautor Mohammad Rasoulof stellen Maryam vor ein unlösbares moralisches Dilemma: Sie muss sich zwischen ihrer Familie und ihrer politischen Arbeit entscheiden. Folgt sie ihrem Mann und ihren Kindern in die Freiheit nach Deutschland, oder kehrt sie in die Gefangenschaft im Iran zurück, um ihre Arbeit fortzusetzen. Wie Maryam sich auch entscheidet, sie ist gezwungen, Menschen, die ihr nahestehen, zu enttäuschen oder sogar zu verraten.

Der Film ist ganz auf Vishka Asayeshs einfühlsame Darstellung der Maryam zugeschnitten. Mit sparsamen Mitteln, aber dennoch klar erkennbar, zeigt sie Maryams innere Kämpfe und die Widersprüche, mit denen die Aktivistin konfrontiert ist. Vishka Asayesh macht sie nicht zur Über-Frau, sondern gibt ihr neben ihrer handfesten Energie und ihrem Einsatz für andere, zum Beispiel andere Gefangene, auch Zartheit, Verletzlichkeit und Würde. In Fernsehnachrichten sieht man Aktivistinnen und Aktivisten wie Maryam oft in Heldenpose, wie sie mit Mikrofon und emporgereckter Faust eine Demonstration anführen. Hier ist Maryam ebenfalls eine Heldin, aber weniger auffällig, weniger furios, dafür wird sie gleichzeitig menschlicher und verständlicher, was ihre gesamte Persönlichkeit betrifft.

Manches an Ahadis Drama mag – vor allen Dingen in der zweiten Hälfte – repetitiv und überdeutlich wirken. Doch die Erzählung bleibt kraftvoll und ergreifend, bis zum Ende. Und vielleicht bringt sie auch den einen oder die andere im Publikum zum Nachdenken.

 

Gaby Sikorski

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