Der liebenswerte, sehr unterhaltsame Dokumentarfilm der beiden Schweden Filip Hammar und Fredrik Wikingsson über eine außergewöhnliche Reise in die Vergangenheit war der schwedische Beitrag für die 97. Oscar-Verleihung und ein großer Erfolg in den schwedischen Kinos. Die humorvolle – und gleichzeitig sehr ernsthafte – Vater-Sohn-Geschichte versprüht jede Menge Zuneigung und gute Stimmung, die sich im Laufe des Films sogar noch steigert.
Sympathische Protagonisten, eine originelle Geschichte und dazu wunderschöne Bilder aus Frankreich – das ergibt insgesamt einen im wahrsten Sinne des Wortes herzerwärmenden Film und ein Highlight des Kinofrühlings.
Über den Film
Originaltitel
The Last Journey
Deutscher Titel
Eine letzte Reise
Produktionsland
SWE
Filmdauer
90 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Hammar, Filip
Verleih
Universal Pictures International Germany GmbH
Starttermin
24.04.2025
Der ehemalige Französischlehrer Lars hat sich sehr verändert, seit er im Ruhestand ist. Inzwischen verbringt er zum Leidwesen seiner umtriebigen Frau Tiina die Tage nur noch zu Hause im Sessel. Sie beobachtet, ebenso wie ihr Sohn Filip, die Entwicklung mit großer Sorge. Offenbar ist Lars depressiv und wird immer apathischer. Es gibt Filme von seinem Schulabschied vor 15 Jahren, und sie zeichnen ein ganz anderes Bild. Da lacht ein fröhlicher Mann in die Kamera, der sich auf die Rente freut und viele Pläne hat. Er wollte viel mit Tiina reisen, vielleicht nach Frankreich ziehen, ins Land seiner Träume. Und nun? „Das sollten unsere goldenen Jahre sein“, sagt Tiina. „Aber er sitzt nur herum.“
Filip, der unter anderem als Journalist, Moderator und Filmemacher für das schwedische Fernsehen arbeitet, hat eine Idee: Der alte Vater muss mal raus, und am besten gleich nach Frankreich. Also plant er einen Frankreich-Urlaub mit Lars, angelehnt an alte Zeiten, als die ganze Familie im Sommer mit dem Auto von Schweden bis ans Mittelmeer fuhr, an die Côte d’Azur. Der wichtigste Unterschied: Diesmal kommt Fredrik mit, Filips bester Freund und Kompagnon, mit dem er schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Er soll Fredrik und Lars auf der Reise unterstützen.
Zunächst muss das passende Auto angeschafft werden – ein R4, so wie damals. Filip findet tatsächlich einen im gleichen Orangeton wie die frühere Familienkutsche. Alles ist vorbereitet, doch schon am ersten Tag gibt es ein Problem: Lars stürzt und muss ins Krankenhaus. Glücklicherweise wird er bald entlassen. Um den Zeitplan einzuhalten, sind Filip und Fredrik schon mal vorausgefahren, und Lars kommt an der französischen Grenze dazu. Und damit beginnt ein Vater-Sohn-Trip, der für beide zum unvergesslichen Erlebnis wird. Denn tatsächlich erholt sich Lars zusehends: Frankreich, die allgemeine Stimmung, das gute Essen, Wein … in dem alten Herrn erwacht wieder der Genießer, der das französische Savoir vivre so schätzt, aber natürlich auch die Zuwendung seines Sohnes, der sich eine Menge einfallen lässt, um den Vater aufzuheitern. Aber es gibt auch Rückschläge, und während sich Lars erholt, verändert sich auch Filip. Das Verhältnis zu seinem Vater wird enger. Ihm wird auch klar, dass Lars viel hinfälliger ist, als er gedacht hatte. Er braucht Unterstützung bei alltäglichen Verrichtungen, manchmal auch beim Essen und Trinken. Doch die beiden genießen es, zusammen zu sein.
Auf eine sehr sympathische und unaufdringliche Weise entzieht sich der Film den üblichen Kategorisierungen. Er erzählt vom Alter, aber bleibt optimistisch, und er erzählt vom Glück des Moments, ohne schnulzig zu werden. Einerseits zeigt er Elemente des persönlichen Dokumentarfilms, aber er ist auch ein Reisefilm und durch die manchmal ganz offen inszenierten Szenen hat er auch in gewisser Weise den Charakter eines Spielfilms. Insgesamt ist der Film eine Art Road Movie-Vater-Sohn-Komödie. Mit viel Witz und Humor wird die Geschichte einer ungewöhnlichen Reise erzählt, wobei Lars eindeutig im Mittelpunkt steht. Doch je länger der Film dauert, desto wichtiger wird das Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Es wird intensiver, gewinnt an Tiefe, aber auch an Herzlichkeit und Humor. Dabei wahrt der Sohn stets die Würde und Intimsphäre seines Vaters. Doch Filip ist absolut nicht frei von Fehlern, was ihn noch sympathischer macht. Er überschätzt Lars des öfteren, erwartet von ihm zum Beispiel, dass er selbst Gemüse schneidet, um die weltbeste Ratatouille zu machen – früher eine von Lars Spezialitäten. Doch Lars ist körperlich nicht mehr in der Lage, mit dem großen Messer umzugehen, und Filip merkt es nicht. Doch so wie sich die Liebe zu seinem Vater steigert – und dazu die gemeinsame Fähigkeit, den Moment zu genießen – steigert sich auch seine Sensibilität.
Untermalt von exquisiten französischen Chansons und von folkmäßig angehauchter Stimmungsmusik in Gestalt von schwungvollen Walzern führt die Reise schließlich bis nach Beaulieu sur Mer am Mittelmeer. Gegen die aktuellen Reisebilder der Reise werden immer wieder alte Super 8-Filme gestellt, wie zum Vergleich, aber vermutlich auch aus nostalgischen Gründen. Sie zeigen eine glückliche schwedische Familie im Frankreich-Urlaub, den jungen Lars, den kleinen Filip, seine Schwester und Mutter Tiina. Das ist nicht nur unterhaltsam, sondern lockert die Handlung auf, so wie die alten Tondokumente, die Lars mit einem Diktaphon aufgenommen hat und die Filip auf dem Dachboden seiner Eltern gefunden hat. Zu den filmischen Highlights gehören die Inszenierungen, die sich Filip für seinen Vater ausgedacht hat, darunter eine minutiös geplante Spielszene, die Lars scheinbar zufällig beobachtet, während Fredrik, das unauffällige Helferlein, im Hintergrund Regie führt. Der eigentliche Höhepunkt ist dann aber eine Filmvorführung am Strand: Filip präsentiert seinem Vater ein Video mit ehemaligen Schülerinnen und Schüler, die über ihn sprechen – und das ist dann tatsächlich sehr anrührend.
Gaby Sikorski