Geheimagenten lügen beruflich, lügen sie deswegen im Privatleben besonders überzeugend? Mit diesem Ansatz machen sich Steven Soderbergh und sein Drehbuchautor David Koepp in „Black Bag“ auf, einen ungewöhnlichen Agentenfilm zu drehen. Action, Explosionen oder Schießereien finden sich hier kaum, dafür geschliffene Dialoge und herausragende Darsteller. Ein smartes Stück erwachsenes Kino.
Über den Film
Originaltitel
Black Bag
Deutscher Titel
Black Bag – Doppeltes Spiel
Produktionsland
ENG
Filmdauer
93 min
Produktionsjahr
2025
Produzent
Jacobs, Greg / Silver, Casey / Koepp, David
Regisseur
Soderbergh, Steven
Verleih
Universal Pictures International Germany GmbH
Starttermin
15.05.2025
George Woodhouse (Michael Fassbender) und Kathryn St. Jean (Cate Blanchett) sind seit langem mehr als glücklich verheiratet – und teilen sich auch den Arbeitgeber: Den britischen Geheimdienst. Dementsprechend muss manches aus dem Ehebett gehalten werden, Geheimnisse sind das Tagesgeschäft, deswegen wurde eine Regelung gefunden: Was nicht gesagt werden darf wird quasi in die Tasche gesteckt, in den Black Bag des Titels, der als Kurzformel dient, wenn das Gespräch beendet werden muss.
Ist da die Versuchung nicht besonders groß, die Formel Black Bag als Ausrede zu nutzen, um auch andere Geheimnisse vor dem Partner zu verbergen? Außereheliche Affären etwa? Und was passiert, wenn George beauftragt wird, einen Maulwurf ausfindig zu machen, wenn er fünf Namen möglicher Verräter bekommt unter denen sich ausgerechnet auch der seiner Frau befindet?
Wie schnell klar wird, hat der kühl und berechnende George kein Problem damit, auch engste Familienangehörige zur Rede zu stellen, denn die Wahrheit geht ihm über alles. Kein Wunder also, dass er bei seinen Gästen bei einem Essen eine Wahrheitsdroge ins Chicken Masala mischt.
Opfer sind zwei weitere Paare, eben die anderen Verdächtigen: Clarissa Dubose (Marisa Abela), eine Überwachungsspezialistin, die eine Affäre mit dem Kollegen Freddie Smalls (Tom Burke) hat, ein notorischer Frauenheld und Trinker. Und James Stokes (Regé-Jean Page), der mit Zoe Vaughn (Naomie Harris) liiert ist, die Psychologin der Abteilung, die zu alledem nicht nur James in Behandlung hat, sondern auch Kathryn.
Eine Woche hat George nun Zeit, herauszufinden, wer plant, das geheime Programm Severus an eine feindliche Macht zu verkaufen. Und ja: Severus ist nur ein MacGuffin, eines jener narrativen Konstrukte, die Alfred Hitchcock gerne einsetzte, um die Handlung voranzubringen, auch wenn ihn eigentlich anderes viel mehr interessierte.
So wie hier auch Steven Soderbergh, der vordergründig einen Agentenfilm gedreht hat, der die typischen Ingredienzien des Genres aber nur homöopathisch einsetzt: Sehr kurze Szenen gibt es, in denen ein Auto explodiert, eine Verfolgungsjagd stattfindet, eine Kugel in einem Kopf landet. Die allermeiste Zeit der angenehm ökonomischen Filmlänge von kaum 90 Minuten, verbringen die Figuren mit Reden.
Allerdings nicht einfach banale Dialoge, sondern geschliffene Konversationen, in denen bis auf zwei Dinners, in denen alle sechs Hautfiguren anwesend sind, sich meist zwei Figuren im nicht nur unterschwellig aufgeladen erotischen Duell gegenüberstehen. Als zwei Seiten einer Medaille inszeniert Soderbergh Beziehungen und die Welt der Geheimdienste, gelogen und betrogen wird in beiden Bereichen und am Ende stellt sich hier wie da die Frage, wem man vertrauen kann. Wie so oft bei Soderbergh verbirgt sich unter der lässigen, brillanten Oberfläche eine komplexe, kühl sezierende Analyse menschlicher Emotionen, die ihn einmal mehr als einen der klügsten amerikanischen Filmemacher ausweist. Im Wust der Fortsetzungen, Remakes und Superheldenfilme, die heutzutage meist aus Hollywood kommen, wirkt „Black Bag“ umso mehr wie eine willkommene Alternative.
Michael Meyns