Beating Hearts

Leidenschaftliche, aber auch gefährliche Lovestorys kennt das französische Kino zuhauf. Immer wieder erzählen unsere leinwandbegeisterten Nachbarn Geschichten, in denen Menschen füreinander entbrennen, dabei allerdings in einen Strudel geraten, der nicht selten dramatische Konsequenzen hat. Gilles Lellouche, ein Schauspieler, der gelegentlich auf den Regiestuhl wechselt, nimmt sich in seiner neuen Arbeit „Beating Hearts“ genau dieses Muster vor und liefert in den besten Momenten eine wild pulsierende Romanze mit Gangsterfilmanstrich ab. Die in zwei Hälften aufgeteilte Adaption des irischen Romans „Jackie Loves Johnser OK?“ von Neville Thompson wirkt stellenweise jedoch etwas holprig und arbeitet mit einigen Stereotypen.

 

Über den Film

Originaltitel

L’Amour ouf

Deutscher Titel

Beating Hearts

Produktionsland

BEL,FRA

Filmdauer

160 min

Produktionsjahr

2024

Produzent

Attal, Alain / Sélignac, Hugo

Regisseur

Lellouche, Gilles

Verleih

STUDIOCANAL GmbH

Starttermin

27.03.2025

 

Dass es hier keineswegs gemächlich zugehen wird, unterstreicht schon der energiegeladene Auftakt. Mehrere schwerbewaffnete Männer, darunter Clotaire (François Civil), einer der beiden Protagonisten, bereiten sich auf eine Auseinandersetzung im kriminellen Milieu vor. Die Luft ist zum Zerreißen gespannt. Und ein Hauch des Todes liegt über den Bildern. Nach diesem Einstieg springt „Beating Hearts“ in der Zeit zurück, entführt uns in die 1980er-Jahre, wo es vor einer Schule in einer nordfranzösischen Hafenstadt zu einer verhängnisvollen Begegnung kommt.

Großen Eindruck hinterlässt die selbstbewusste, um kein Wort verlegene Teenagerin Jackie (Mallory Wanecque) bei der jugendlichen Version Clotaires (Malik Frikah). Der 17-jährige Tunichtgut aus einer Arbeiterfamilie gibt nichts auf Bildung, hängt mit seinen Freunden lieber ab, klopft Sprüche und nimmt es mit dem Gesetz nicht so genau. Jackie wiederum stammt aus bürgerlichen Verhältnissen, lebt nach dem Tod ihrer Mutter allein mit ihrem Vater (Alain Chabat).

Gerade im Kino ziehen sich Gegensätze bekanntlich an. Und so dauert es nicht lange, bis sich die beiden jungen Menschen Hals über Kopf ineinander verknallen. Alles könnte schön sein. Doch dann gerät Clotaire in den Bann des Gangsterbosses La Brosse (Benoît Poelvoorde) und muss nach einem völlig aus dem Ruder gelaufenen Überfall den Kopf für eine Tat hinhalten, die er nicht begangen hat – womit der erste Teil des über zweieinhalbstündigen Melodrams endet.

Bis zu diesem Punkt überzeugt „Beating Hearts“ als emotional mitreißende Erzählung einer ersten großen Liebe. Vor Klischees – unter anderem in der Beschreibung der sozialen Gruppen – scheut der Film zwar nicht zurück. Lellouches druckvolle, verspielte Inszenierung und die eindringlich-glaubwürdigen Performances der beiden Jungdarsteller federn die Drehbuchschwächen allerdings ab. Um die unkontrolliert hervorbrechenden Gefühle greifbar zu machen, verlässt der Regisseur mehrfach die Ebene der Realität. Urplötzlich beginnen Jackie und Clotaire beispielsweise wie in einem Musical im Spotlight zu tanzen. Für einen kurzen Moment scheinen nur die beiden Teenager zu existieren. Alles um sie herum ist ausgeblendet. Überraschend auch der Anblick eines an die Wand geklatschten Kaugummis, das plötzlich anfängt, wie ein Herz zu pochen. Für eine energetische Stimmung sorgen nicht zuletzt die wirkungsvoll eingesetzten Popsongs, darunter der Klassiker „Nothing Compares 2 U“.

Weniger ausgereift, fahriger und formelhafter wird „Beating Hearts“ in der zweiten Hälfte, die unsere Protagonisten nach einem zwölfjährigen Zeitsprung verfolgt. Während die bei einem Autovermieter arbeitende Jackie (nun verkörpert von Adèle Exarchopoulos) mit Jeffrey (Vincent Lacoste), einem Manager ihrer Firma, anbandelt, kommt Clotaire aus dem Gefängnis und sinnt auf Rache für die verlorene Zeit. Vergessen haben sich die beiden einst Verliebten jedoch nicht. Und damit drängt sich die Frage auf: Gibt es für sie vielleicht ein Happy End?

Starke Einzelszenen hat der Film auch weiterhin zu bieten. Adèle Exarchopoulos und François Civil überzeugen in den Erwachsenenrollen. Verglichen mit dem ersten Teil lässt die Ausdruckskraft allerdings nach. Parallel treten erzählerische Defizite nun stärker in den Vordergrund. Arg schematisch ist besonders die Zeichnung von Jackies neuem Partner, der als schnöseliger Kotzbrocken auftritt – ein denkbar krasses Gegenstück zu Clotaire, der einen raubeinigen Charme verströmt. Überdies kommt der Mix aus wilder Romanze und Gangsterplot, eine auf der Leinwand gerne beschworene Kombination, zunehmend holpriger daher. Bei aller Intensität, die „Beating Hearts“ in den ersten anderthalb Stunden entfesselt, verliert sich die Romanadaption gegen Ende in Banalitäten, die die epische Lovestory weniger groß erscheinen lassen.

 

Christopher Diekhaus

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