„Alle lieben Touda“ war die offizielle Einreichung Marokkos für die Kategorie des besten fremdsprachigen Films für die 97. Oscar-Verleihung. In die engere Wahl kam er nicht, sehenswert ist der über die lange Zeit von Oktober 2022 bis April 2024 gedrehte Film aber schon, weil er Einblick in ein Land und eine Kultur gibt, mit der der deutsche Kinogänger nur selten Berührung hat.
Über den Film
Originaltitel
Touda
Deutscher Titel
Alle lieben Touda
Produktionsland
SWE,FRA,MAR,DNK,NOR,BEL
Filmdauer
102 min
Produktionsjahr
2024
Regisseur
Ayouch, Nabil
Verleih
Verleih N.N.
Starttermin
29.05.2025
Touda ist alleinerziehende Mutter. Sie träumt von einem besseren Leben für sich und ihren Sohn. Darum möchte sie eine Sheika, eine traditionelle Sängerin werden. Schon jetzt tritt die in Bars in der Provinz aus, mehr als an ihrem Gesang sind die Männer jedoch an ihr selbst interessiert. Touda plant, nach Casablanca zu gehen. Dort hofft sie, als Künstlerin anerkannt zu werden und Erfolg zu haben. Doch der Weg von der Provinz nach Casablanca ist von noch mehr Mühsal geprägt, als Touda ohnehin schon erwartet hatte.
„Alle lieben Touda“ ist kein Film, der es seinem Publikum leicht macht. Gerade im ersten Drittel ist er sehr ruhig, sehr bedacht, sehr zurückhaltend erzählt, fast schon zu langsam. Der Film schlittert immer nur gerade so daran vorbei, das Interesse des Zuschauers zu verlieren, aber dann, ganz plötzlich, entfaltet sich seine Geschichte. Es sind auf einmal nicht mehr nur die einprägsamen Bilder, die den Film auszeichnen, es ist dann auch die Darstellung und – mehr noch – die Fusion von Drehbuch, Regie und Schauspiel, die zusätzliche Tiefe verleiht.
Was zuerst ein etwas zäher Anfang war, wird urplötzlich ein intensives Drama, dessen Narrative nicht mehr loslässt. Die Geschichte ist besonders reich an bedeutungsvollen Momenten. Hauptdarstellerin Nisrin Erradi wirkt authentisch, in keinem Moment stellt sich das Gefühl ein, einem Spiel zu folgen. Im Gegenteil, „Alle lieben Touda“ fühlt sich sehr realistisch an. Die Figuren erwachen zum Leben, sind rund und dreidimensional gestaltet, keine Funktionsträger, sondern echte Menschen in einer Geschichte, in der es um das geht, was alle Menschen ein: der Wunsch auf ein besseres Leben, auf Glückseligkeit, auf das eigene Happyend.
Gerade letzteres verleugnet der Film jedoch. Er ist zu clever, um in eine solche Falle zu treten. Stattdessen bleibt er mit seinem Ende ambivalent und lädt damit zur Interpretation ein. Gerade das wirkt stark nach, weil Toudas Leben nichts ist, das abgeschüttelt wird, wenn das Kino verlassen wird. Ein Film, um den noch lange die Gedanken kreisen.
Peter Osteried